Wird ein im Ganzen verpachteter Betrieb teilentgeltlich übertragen, setzt sich das Verpächterwahlrecht beim Erwerber fort. Diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs hört sich zunächst einmal positiv an. Sie kann beim Rechtsnachfolger jedoch bei einer späteren Veräußerung erhebliche Steuerfolgen auslösen, wie der entschiedene Streitfall zeigt.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte die Mutter einen Verpachtungsbetrieb 1985 teilentgeltlich auf ihre Tochter übertragen, die den Verpachtungsbetrieb fortführte und 2001 veräußerte. Während das Finanzamt hierin eine steuerpflichtige Betriebsveräußerung sah, vertrat die Tochter die Auffassung, der Betrieb sei bereits mit der teilentgeltlichen Übertragung in 1985 aufgegeben worden. Die in 2001 erfolgte Veräußerung betreffe folglich Privatvermögen und löse somit keine ertragsteuerlichen Folgen aus. Dies sah der Bundesfinanzhof jedoch anders.
Hintergrund
Verpachtet der Steuerpflichtige den ganzen Gewerbebetrieb, hat er ein Wahlrecht:
- Der Betrieb kann durch ausdrückliche Aufgabeerklärung aufgegeben werden, wodurch ein steuerbegünstigter Aufgabegewinn entsteht. Die Betriebsverpachtung führt nunmehr zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
- Hat der Verpächter des Betriebs jedoch die Absicht und zudem die objektive Möglichkeit, die bisherige gewerbliche Tätigkeit später wieder auszuüben, kann zunächst von einer nur vorübergehenden Betriebsunterbrechung ausgegangen werden. Erklärt der Verpächter also keine Betriebsaufgabe, besteht der Betrieb einkommensteuerrechtlich fort und er bezieht in Form der Pachterträge weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Bei einer unentgeltlichen Übertragung des verpachteten Betriebs (oftmals auf die Kinder) tritt der Rechtsnachfolger in die Position des Rechtsvorgängers. Er hat somit die Möglichkeit, die Betriebsverpachtung fortzusetzen oder die Betriebsaufgabe zu erklären.
Entscheidung
Der Erwerber setzt das Verpächterwahlrecht auch bei einer teilentgeltlichen Betriebsübertragung fort, sofern nicht ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt wird. Wenn das Verpächterwahlrecht die zwangsweise Aufdeckung der stillen Reserven verhindern will, muss dies auch gelten, wenn die stillen Reserven durch das Übertragungsgeschäft nur teilweise nicht aufgedeckt werden. Bezogen auf diesen Teil besteht nämlich dieselbe Interessenlage wie bei der erstmaligen Verpachtung sowie bei einem voll unentgeltlichen Erwerb, so der Bundesfinanzhof in seiner Urteilsbegründung.
Quelle | BFH-Urteil vom 6.4.2016, Az. X R 52/13, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 187189
Der Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Aktuell hat der Bundesfinanzhof zu zwei Streitfragen Stellung bezogen und jeweils zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Danach ist ein IAB auch zulässig, wenn feststeht, dass der Betrieb unentgeltlich übertragen werden soll. Zudem kann ein IAB zur Kompensation eines Mehrergebnisses der Betriebsprüfung eingesetzt werden.
Hintergrund
Für die künftige Anschaffung oder Herstellung von neuen oder gebrauchten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) ein IAB von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden. Durch den Steuerstundungseffekt soll insbesondere die Liquidität kleinerer und mittlerer Betriebe verbessert werden.
Unentgeltliche Betriebsübertragung
Die Inanspruchnahme eines IAB ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch möglich, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern wegen einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll.
Beachten Sie
Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige die Investition auch getätigt hätte, wenn er den Betrieb selbst fortgeführt hätte und er anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass sein Rechtsnachfolger die Investition nach der Betriebsübertragung fristgemäß vornimmt. Ausgleich eines Mehrergebnisses der Betriebsprüfung Ein IAB kann auch im Anschluss an eine Betriebsprüfung zur Kompensation eines Mehrergebnisses eingesetzt werden. Hiermit widerspricht der 4. Senat des Bundesfinanzhofs ausdrücklich der Ansicht der Finanzverwaltung. Beachten Sie | Der 1. Senat des Bundesfinanzhofs hat diese Rechtsprechung rund einen Monat später im Kern bestätigt. Beide Senate fordern, dass eine Investitionsabsicht zum maßgebenden Stichtag vorliegt. Offen ließ der 1. Senat, ob ein Finanzierungszusammenhang bestehen muss. Dies hatte der 4. Senat jedoch ausdrücklich verneint.
Neue Rechtslage
Die Entscheidungen ergingen noch zur alten Rechtslage. Durch das Steueränderungsgesetz 2015 wurde § 7g EStG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden, modifiziert. So ist z. B. der Nachweis für eine Investitionsabsicht nicht mehr in § 7g EStG aufgeführt.
Quelle | BFH-Urteil vom 10.3.2016, Az. IV R 14/12, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 187704; BFH-Urteil vom 23.3.2016, Az. IV R 9/14, Abruf-Nr. 187894; BFH-Urteil vom 28.4.2016, Az. I R 31/15, Abruf-Nr. 187895; BMF-Schreiben vom 20.11.2013, Az. IV C 6 – S 2139 b/07/10002, Rz. 26
Der Bundesfinanzhof musste jüngst entscheiden, wie die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln ist, wenn die Wohnung an Angehörige verbilligt vermietet wird. Das Resultat: Ortsübliche Miete ist die Bruttomiete, d. h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähigen Kosten.
Hintergrund
Die Vermietung gilt als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Niveaus beträgt. In diesen Fällen erhalten Vermieter den vollen Werbungskostenabzug. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzuteilen.
Merke
Die 66 %-Grenze gilt nur bei der verbilligten Vermietung zu Wohnzwecken. Erfolgt die Überlassung z. B. zu gewerblichen Zwecken, ist bei Vermietung unterhalb der ortsüblich erzielbaren Miete auch nur ein entsprechend anteiliger Werbungskostenabzug möglich.
Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesfinanzhof der Ansicht der Vorinstanz, wonach auf die Kaltmiete abzustellen sei, eine deutliche Absage erteilt. Das Finanzgericht Düsseldorf muss nun Feststellungen zur ortsüblichen Miete nachholen. Dazu hat es die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der BetrKV umlagefähigen Kosten festzustellen.
Praxishinweis
Enthält der ortsübliche Mietspiegel Rahmenwerte, ist jeder der Werte als ortsüblich anzusehen, der innerhalb der vorgesehenen Spanne liegt – es ist also kein Durchschnittswert zu bilden. Dies ergibt sich aus einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt.
Quelle | BFH-Urteil vom 10.5.2016, Az. IX R 44/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 188537; OFD Frankfurt vom 22.1.2015, Az. S 2253 A – 85 – St 227
Studienkosten können nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn die Kosten im Rahmen eines Stipendiums steuerfrei erstattet wurden. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden.
Sachverhalt
Für sein Aufbaustudium zum Master of Laws in den USA erhielt ein Rechtsanwalt ein Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD). Von den Kosten (ca. 30.000 EUR) wurden ihm 22.000 EUR erstattet. Der Rechtsanwalt machte dennoch alle Kosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Begründung: Die Leistungen des DAAD seien wie Unterhaltszahlungen der Eltern zu behandeln, sodass die Studienkosten voll abziehbar blieben. Das Finanzamt berücksichtigte die Studienkosten jedoch nur insoweit, wie sie nicht vom DAAD erstattet wurden – und zwar zu Recht, wie das Finanzgericht Köln entschied.
Der Rechtsanwalt hat im Ergebnis keine Aufwendungen getragen, soweit ihm die Kosten durch das Stipendium steuerfrei erstattet wurden. In dieser Höhe ist er durch die Ausgaben nicht wirtschaftlich belastet gewesen.
Praxishinweis
Die steuerliche Behandlung von Zahlungen aus Stipendien, die keiner konkreten Erwerbstätigkeit zugeordnet werden können, ist bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt. Somit hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, die bereits beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
Quelle | FG Köln, Urteil vom 20.5.2016, Az. 12 K 562/13, Rev. BFH Az. VI R 29/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 188598
Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms gemäß § 65a Sozialgesetzbuch (SGB) V vom Steuerpflichtigen getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, dann ist die Erstattung nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungs-Beiträgen zu verrechnen. Dies hat der Bundesfinanzhof entgegen der Ansicht des Bundesfinanzministeriums entschieden.
Sachverhalt
Im Streitfall förderte eine gesetzliche Krankenkasse gesundheitsbewusstes Verhalten durch ein Bonusprogramm. Sie gewährte einen Zuschuss von bis zu 150 EUR jährlich für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen (z. B. Behandlungen beim Heilpraktiker), die von den Versicherten privat finanziert worden waren.
Das Finanzamt sah hierin eine Erstattung von Krankenversicherungs-Beiträgen und verrechnete den Zuschuss mit den gezahlten Beiträgen. Somit minderten sich die abziehbaren Sonderausgaben entsprechend. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht Rheinland-Pfalz statt, da es sich nicht um die Erstattung von Beiträgen handele – und zwar zu Recht, wie der Bundesfinanzhof befand.
Die Bonuszahlung im Streitfall hat ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse, nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen. Sie steht damit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes. Die Zahlung stellt vielmehr eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen dar, so der Bundesfinanzhof.
Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten
Für Bonuszahlungen der Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V) ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass dadurch das steuerpflichtige Einkommen nicht erhöht wird. Es ist aber zu bedenken, dass Krankenkassen höchst unterschiedliche Bonusprogramme geschnürt haben. Entschieden wurde vorliegend nur zu den Fällen des § 65a SGB V. Die Beurteilung anderer Bonusvarianten ließ der Bundesfinanzhof offen. Auch der seit einigen Monaten in den Einkommensteuer-Bescheiden enthaltene Vorläufigkeitsvermerk betrifft nur Bonuszahlungen gemäß § 65a SGB V – und umfasst ausdrücklich nicht Prämienzahlungen für Wahltarife nach § 53 SGB V.
Wie geht es jetzt weiter?
Haben Steuerpflichtige Bonuszahlungen gemäß § 65a SGB V von ihrer Krankenkasse erhalten und enthielt der Einkommensteuer-Bescheid einen Vorläufigkeitsvermerk, stellt sich nun die Frage der „Rückabwicklung“ dieser Fälle. Denn die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen wies jüngst darauf hin, dass das Finanzamt aus der elektronischen Übertragung der Krankenkassen gar nicht erkennt, um welche Art der Beitragsrückerstattung es sich handelt. Bonuszahlungen werden, gegebenenfalls zusammen mit Rückerstattungen anderer Art, als Gesamtbetrag übermittelt.
Praxishinweis
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Finanzverwaltung zur weiteren Vorgehensweise zeitnah äußert. Für eine Korrektur des Einkommensteuer-Bescheids wird der Steuerpflichtige wohl die Art und Höhe der Bonuszahlung nachweisen müssen.
Quelle | BFH-Urteil vom 1.6.2016, Az. X R 17/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 188696; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 72; Vorläufigkeit: BMF-Schreiben vom 11.4.2016, Az. IV A 3 – S 0338/07/10010; OFD NRW, Kurzinfo vom 6.7.2015, ESt Nr. 23/2015