Es ist nicht möglich, bei demselben Arbeitgeber neben einer nicht geringfügigen versicherungs-pflichtigen Beschäftigung auch eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung zu verrichten. Es muss eine Zusammenrechnung der Lohnzahlungen vorgenommen werden, wenn diese von demselben Arbeitgeber stammen, selbst wenn die Arbeitsverhältnisse unterschiedlich ausgestaltet sind. Mit dieser Entscheidung hat sich das Finanzgericht Berlin-Brandenburg von der anderslautenden Ansicht des Finanzgerichts Münster aus 2003 distanziert.
Die folgenden Beispiele in den Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozial-versicherung verdeutlichen die Unterscheidung (Arbeitgeberidentität versus verschiedene Arbeitgeber):
Beispiel
Ein freiberuflich selbstständiger Zahnarzt beschäftigt eine Arbeitnehmerin mit Hilfsarbeiten in seinen Praxisräumen und mit Reinigungsarbeiten in seiner Wohnung.
Es ist von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen (Arbeitgeberidentität). Der Zahnarzt als Arbeitgeber ist eine natürliche Person, die nicht für den Arbeitsbereich in der Praxis und den Arbeitsbereich im Haushalt getrennt betrachtet werden kann. Unbedeutend ist, dass sich die einzelnen Beschäftigungen abgrenzen lassen.
Beispiel
A ist Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter bei der GmbH X und der GmbH Y. Arbeitnehmer Z wird bei der GmbH X im Rahmen einer mehr als geringfügigen (Haupt-)Beschäftigung eingesetzt und bei der GmbH Y im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung. Die ausgeübten Tätigkeiten sind – vom Umfang abgesehen – identisch.
A übt das Direktionsrecht über beide Beschäftigungen aus. Da es sich um mehrere Beschäftigungen bei rechtlich verschiedenen Arbeitgebern handelt, ist eine getrennte versicherungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen.
Quelle | FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.12.2022, Az. 6 K 6129/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 234501; FG Münster, Urteil vom 21.2.2003, Az. 11 K 1158/01 L; Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 16.8.2022