Für Aussetzungszinsen gilt ein gesetzlicher Zinssatz von 6 % p. a. (0,5 % pro Monat). Diese Höhe hält der Bundesfinanzhof für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Aussetzungszinsen

Ein Einspruch und eine Klage haben im Steuerrecht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Der Steuerpflichtige muss die festgesetzte Steuer zunächst zahlen.

Beachten Sie | Auf Antrag soll aber eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese sogenannte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist in
§ 361 der Abgabenordnung (AO) geregelt.

Für den Steuerpflichtigen bedeutet das, dass er die Steuer zunächst nicht zahlen muss. Es droht aber eine Belastung mit Zinsen, wenn sein Rechtsmittel endgültig ohne Erfolg bleibt und er die Steuer „nachträglich“ zahlen muss. Er hat dann nämlich für die Dauer der AdV und in Höhe des ausgesetzten Steuerbetrags Zinsen i. H. von 0,5 % pro Monat (6 % p. a.) zu entrichten. Die Höhe dieser Aussetzungszinsen regelt § 237 i. V. mit 238 Abs. 1 S. 1 AO.

Nachzahlungs-/Erstattungszinsen

Es gibt allerdings auch andere Verzinsungstatbestände, z. B. für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen. Hier war der Gesetzgeber wegen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 8.7.2021 verpflichtet, den Zinssatz von 0,5 % pro Monat bzw. von 6 % p. a. anzupassen. Da sich der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts allerdings nicht auf die Aussetzungszinsen und andere Teilverzinsungstatbestände erstreckte, wurde der Gesetzgeber nur bei den Nachzahlungs- und Erstattungszinsen tätig. Hier beträgt der Zinssatz seit dem 1.1.2019 nunmehr lediglich 0,15 % pro Monat bzw. 1,8 % pro Jahr.

AdV-Zinsen: Bundesfinanzhof hält 6 % p. a. für verfassungswidrig

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist ein Zinssatz i. H. von 6 % p. a. für Aussetzungszinsen im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 15.4.2021 mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist dieser Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen.

Zudem werden Steuerpflichtige, die AdV-Zinsen schulden und Steuerpflichtige, die Nachzahlungszinsen entrichten müssen, seit dem 1.1.2019 ungleich behandelt. Diese Zinssatzspreizung ist für den Bundesfinanzhof verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Quelle | BFH, Beschluss vom 8.5.2024, Az. VIII R 9/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243349; BFH, PM Nr. 34/24 vom 22.8.2024; BVerfG, Beschluss vom 8.7.2021, Az. 1 BvR 2237/14, Az. 1 BvR 2422/17