Bearbeitungsentgelt bei Unternehmerdarlehen

Vorformulierte Bestimmungen über ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen, die zwischen Kreditinstituten und Unternehmern geschlossen wurden, sind unwirksam. Dies entschieden die Richter
des Bundesgerichtshofs (BGH) in 2 Verfahren vom 4.7.2017.

Grundsätzlich sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Angemessenheit der Klauseln lässt  sich nach Auffassung des BGH auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen. Soweit hierzu eine geringere Schutzbedürftigkeit und eine stärkere Verhandlungsmacht von Unternehmern im Vergleich zu Verbrauchern angeführt werden, wird übersehen, dass der Schutzzweck der o. g. Regelung, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines – informierten und erfahrenen – Unternehmers gilt.



Gebrauchtwagenkauf – Mangel oder Verschleiß?

Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs muss einen altersüblichen Verschleißzustand des Fahrzeugs und hierdurch bedingte Instandsetzungskosten hinnehmen. Weist sein Fahrzeug allerdings technische Defekte auf, die bei vergleichbaren  Gebrauchtfahrzeugen nicht üblich sind, kann ein Fahrzeugmangel vorliegen, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

In einem vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 9.6.2017 entschiedenen Fall erwarb ein Käufer im November 2013 bei einem Autohändler einen gebrauchten Pkw für 8.950 €. Das erstmals im Juni 2007 zugelassene Fahrzeug hatte einen  Kilometerstand von ca. 181.000 km. Nach der Fahrzeugübergabe rügte der Käufer Mängel, unter anderem ein schlechtes Anspringen des Motors, Ruckeln beim Fahren, laute Motorgeräusche und eine sich plötzlich erhöhende Motordrehzahl.
Es kam zu Instandsetzungsarbeiten, auch durch den Autohändler, die der Käufer allerdings für unzureichend hielt. Deswegen erklärte er im Mai 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem trat der Autoverkäufer entgegen und verwies darauf, dass die beanstandete Symptomatik auf einem üblichen Verschleiß des Fahrzeugs beruhe und nicht als Mangel zu bewerten sei.

Das OLG kam zu dem Entschluss, dass der Käufer zum Vertragsrücktritt berechtigt war, da das verkaufte Fahrzeug bei der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen und sich nicht in einem altersgemäßen Zustand vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge befand.



Keine grenzüberschreitende Wärmedämmung für Neubauten

In vielen Landesgesetzen, so auch in Hessen, ist geregelt, dass der Eigentümer eines Grundstücks die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden hat, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht.

Die Landesgesetzgeber wollten Grundstückseigentümern jedoch nicht generell gestatten, eine Wärmedämmung grenzübergreifend, also im Wege eines Überbaus, anzubringen. Er verfolgte vielmehr das Ziel, energetische Sanierungen von Altbauten zu erleichtern.

Der Bundesgerichtshof hat am 2.6.2017 entschieden, dass ein Grundstückseigentümer nicht eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand dulden muss, mit der der benachbarte Grundstückseigentümer erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung erfüllt.



Änderung der Vorschriften zum Reiserecht

Reisen individueller zusammenzustellen wird immer beliebter. Gebucht wird häufig im Internet, aber auch traditionell im Reisebüro. Dabei ist nicht immer eindeutig, ob eine Pauschalreise vorliegt. Mit dem neuen Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften soll nun Klarheit geschaffen werden.

Es ist nun klarer zu beurteilen, wann eine Pauschalreise zustande kommt und der hiermit verbundene „Rundum-sorglos“-Schutz gilt. Nach den Regelungen des Gesetzes gelten mehr individuell zusammengestellte Reisen jetzt als Pauschalreisen. Wenn beispielsweise ein Kunde in einem Reisebüro oder auf einem Buchungsportal mehrere unterschiedliche Reiseleistungen im Rahmen desselben Buchungsvorgangs auswählt, bevor er zahlungspflichtig bucht, kommt eine Pauschalreise zustande. Dabei ist es unerheblich, wie der jeweilige Unternehmer das Reiseangebot bezeichnet.

Mit dem Gesetz wird auch eine neue Kategorie, nämlich die „verbundenen Reiseleistungen“ eingeführt. Auch hier werden Verbraucher zukünftig besser geschützt. Bei sog. „verbundenen Reiseleistungen“ ist der Unternehmer künftig zur Information des Reisenden und grundsätzlich auch zur Insolvenzsicherung verpflichtet. Bei Mängeln der Pauschalreise wird der bislang bestehende Schutzstandard angehoben, zum Beispiel:

  • die Gründe, warum ein Reiseveranstalter keinen Schadensersatz leisten muss, sind nunmehr eng begrenzt und werden abschließend aufgezählt;
  • ein Kündigungsrecht nach Reisebeginn steht nur noch dem Reisenden zu, nicht mehr dem Reiseveranstalter;
  • Reiseveranstalter können ihre Haftung für Schäden künftig kaum noch beschränken.

Einzelne Reiseleistungen unterfallen nicht dem Pauschalreiserecht. Verbraucher werden deswegen jedoch nicht schutzlos gestellt. Sie haben bei der Buchung eines Ferienhauses auch künftig Gewährleistungsrechte gegenüber ihrem Vertragspartner (z. B. aus Mietvertragsrecht). Die gemeinsame Bezahlung getrennt ausgewählter Reiseleistungen steht der Vermittlung verbundener Reiseleistungen nicht entgegen, sofern sich der Reisende bezüglich jeder Leistung getrennt zur Zahlung verpflichtet. Reiseveranstalter können unter bestimmten engen Voraussetzungen bis 20 Tage vor Reisebeginn ihre Preise nachträglich erhöhen. Erhöhen sie die Preise um mehr als 8 %, steht dem Reisenden allerdings ein Rücktrittsrecht zu.



Verkennung eines akuten medizinischen Notfalls im Rahmen eines Hausnotrufvertrags

In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 11.5.2017 entschiedenen Fall schloss ein Mann mit einem Unternehmen einen „Dienstleistungsvertrag zur Teilnahme am Hausnotruf“ ab. Der Vertrag lautet u. a. wie folgt: „Das Hausnotrufgerät wird an  eine ständig besetzte Zentrale angeschlossen. Von dieser Zentrale wird im Fall eines Notrufs unverzüglich eine angemessene Hilfeleistung vermittelt (z. B. durch vereinbarte Schlüsseladressen, Rettungsdienst, Hausarzt, Schlüsseldienst).“ Der Notfall trat ein, der Mann betätigte die Hausnotruftaste. Der den Anruf entgegennehmende Mitarbeiter vernahm minutenlang lediglich ein Stöhnen.

Das Unternehmen veranlasste daraufhin, dass ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes sich zu der  Wohnung des Notleidenden begab. Der Mitarbeiter fand den Mann am Boden liegend vor, veranlasste allerdings keine weiteren Maßnahmen. Zwei Tage später fanden die Angehörigen den Mann in der Wohnung liegend; er wurde in eine Klinik eingeliefert. Dort diagnostizierte man einen ein bis drei Tage zurückliegenden Schlaganfall. Bei einem Hausnotrufvertrag handelt es sich um einen  Dienstvertrag. Das dienstleistende Unternehmen schuldete keinen Erfolg etwaiger Rettungsmaßnahmen, ist allerdings verpfl ichtet, unverzüglich eine angemessene Hilfeleistung zu vermitteln.

In dem o. g. Fall entschied der BGH, dass das Unternehmen die ihm nach dem Hausnotrufvertrag obliegenden Schutz- und Organisationspfl ichten grob vernachlässigt hat und deshalb eine Beweislastumkehr zugunsten des geschädigten Vertragspartners eingreift, soweit es um die Frage geht, ob die schwerwiegenden Folgen des Schlaganfalls auch bei rechtzeitiger Hinzuziehung eines Rettungsdienstes eingetreten wären.