Aktuelle Informationen


Messestand als Geschäftsraum?

Zu dem von der Rechtsordnung besonders geschützten Personenkreis gehört zweifelsfrei der Verbraucher. Insbesondere derjenige Verbraucher, der ein Geschäft außerhalb von Geschäftsräumen abschließt. Nach Art. 9 der europäischen Richtlinie 2011/83 EU über die Verbraucherrechte darf ein Verbraucher dann nämlich einen unter diesen Umständen geschlossenen Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen.

Der Europäische Gerichtshof (EUGH Urt. v. 07.08.2018, Az. C 485/17) hatte sich nun mit der vom Bundesgerichtshof vorgelegten Frage zu beschäftigen, ob auch ein Messestand als Geschäftsraum im Sinne der Verbraucherrechte-Richtlinie zu qualifizieren sei. Er entschied, dass es darauf ankomme, wie sich der Messestand für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstelle.

Würde der Verbraucher den Stand als tatsächlichen Verkaufsstand, an dem ein Unternehmer Waren anbietet, erkennen können, dann liege ein Geschäftsraum vor, mit der Folge, dass die verbraucherschützenden Regeln nicht anzuwenden sind. Sei dies jedoch nicht der Fall, müsse der Verbraucher entsprechend dem Sinn und Zweck des Verbraucherwiderrufsrechts deshalb geschützt werden, weil er nicht damit rechnen musste, an dieser Örtlichkeit zu kommerziellen Zwecken angesprochen zu werden. Dann müsse dem Verbraucher nämlich die Möglichkeit eröffnet werden, seine Entscheidung überdenken und gegebenenfalls widerrufen zu können.



Keine Mängelbeseitigung durch Architekten

Die von einem Architekten als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte Vertragsbestimmung in einem Architektenvertrag: „Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird“ ist unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet der Architekt als Schadensersatz wegen der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, nicht die Beseitigung dieser Mängel, sondern grundsätzlich Schadensersatz in Geld. Hat der Architekt die von ihm geschuldeten Planungs- und Überwachungsleistungen mangelhaft erbracht und hat der Auftraggeber deswegen das bei einem Dritten in Auftrag gegebene Bauwerk nicht so erhalten wie als Ziel der vom Architekten geschuldeten Mitwirkung vereinbart, ist das hierdurch geschützte Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Entstehung des Bauwerks verletzt.

Der Schaden des Auftraggebers besteht darin, dass er für das vereinbarte Architektenhonorar im Ergebnis ein Bauwerk erhält, das hinter dem im Architektenvertrag als Ziel vereinbarten Bauwerk zurückbleibt. Für den sich daraus ergebenden Vermögensnachteil hat der Architekt Schadensersatz in Geld zu leisten.



Flugverspätung bei Zwischenlandung außerhalb der EU

In einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 31.5.2018 buchte eine Frau einen Flug von Berlin nach Agadir (Marokko) mit Zwischenlandung und Umsteigen in Casablanca (Marokko). Als sie sich in Casablanca am Flugsteig der Maschine nach Agadir einfand, verweigerte die Fluggesellschaft die Beförderung mit der Begründung, dass ihr Sitzplatz anderweitig vergeben worden sei. Darufhin flog sie mit einer anderen Maschine der Airline und erreichte Agadir vier Stunden später als ursprünglich vorgesehen. Sie begehrte eine Ausgleichsleistung wegen dieser Verspätung.

Zwar gilt die Fluggastrechteverordnung nicht für Flüge, die vollständig außerhalb der Europäischen Union erfolgen. Da die Flughäfen von Casablanca und Agadir in Marokko liegen, hängt die Anwendbarkeit der Verordnung davon ob, ob die beiden Flüge (Berlin – Casablanca und Casablanca – Agadir), die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als ein einziger Flug (mit Anschlussflug) mit Abflugsort in einem Mitgliedstaat (Deutschland) anzusehen oder ob sie getrennt zu betrachten sind. In diesem Fall fiele der Flug von Casablanca nach Agadir nicht unter die Verordnung.

Der EuGH hat dazu entschieden, dass ein Ausgleichsanspruch wegen großer Verspätung eines Fluges auch bei Flügen mit Anschlussflügen in einen Drittstaat mit Zwischenlandung außerhalb der EU besteht. Ein Wechsel des Flugzeugs bei der Zwischenlandung ändert nichts daran, dass zwei oder mehr Flüge, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als ein einziger Flug mit Anschlussflügen anzusehen sind.



Wer haftet für Flugverspätung?

 

Kürzlich definierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Entscheidung vom 04.07.2018 (Rechtssache C-523/17) den Begriff des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung.

In dem Rechtsstreit ging es darum, ob diejenige Fluggesellschaft für Verspätungen haftet, bei der der Flug gebucht wurde, oder ob die Gesellschaft haftet, die den Flug tatsächlich durchführt. Im konkreten Fall buchten die Kläger einen Flug bei der TUIFly. Diese wiederum mietete das gesamtes Flugzeug samt Besatzung (sog. wet-lease) bei einer anderen Airline. Für die um drei Stunden verspätete Ankunft in Mexiko verlangten die Passagiere Ersatz von der durchführenden Airline.

Nachdem sich der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im September 2017 ausführlich mit dieser Frage beschäftigte, entschied nun der EuGH und bestätigte damit die Ansicht des höchsten deutschen Zivilgerichts: Diejenige Fluggesellschaft, welche die operationelle Verantwortung für den Flug trägt, ist das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ und damit nach der europäischen Fluggastrechteverordnung zum Schadenersatz bei Verspätung verpflichtet.

Im konkreten Fall haftet daher nicht die durchführende Airline, sondern TUIfly für die Verspätung. Die operationelle Verantwortung liege deshalb bei TUIfly, weil die Festlegung der Flugroute und die grundsätzliche Durchführung des Fluges allein auf deren Entscheidung beruht. Daran ändere sich auch nichts, wenn in der Buchungsbestätigung die Durchführung von einer anderen Fluggesellschaft angegeben ist.

 



Zum „Sondervorteil“ bei Straßenerneuerung

 

Kürzlich entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21.06.2018 (Az. 7 C 2.17) über die Frage der Zulässigkeit von Straßenbeiträgen. Die Beklagte Kommune verlangte auf der Grundlage ihrer Straßenbeitragssatzung von dem Kläger einen Vorschuss zur Erneuerung einer 1966 erbauten Erschließungsstraße. Das BVerwG orientierte sich streng an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das schon im Jahr 2014 den Grundsatz des „Sondervorteils“ aufstellte. Danach ist die Erhebung von Straßenbeiträgen dann zulässig, wenn der Anlieger einen „Sondervorteil“ durch die Erneuerung erlange.

Im konkreten Fall entschied das BVerwG, ein solcher „Sondervorteil“ liege darin, dass der Anlieger eine funktionstüchtige Straße nutzen könne. Und das wirke sich positiv auf das Grundstück aus. Auf eine konkrete Erhöhung des Verkehrswertes kommt es, auch nach dem BVerfG, nicht an.

Klar ist, dass nicht nur die Anlieger, sondern auch die Allgemeinheit einen Vorteil aus der Straßenerneuerung erlangt. Jedenfalls dann, wenn es sich nicht lediglich um eine Anliegerstraße handelt. Schließlich kann jeder die Straße nutzen und profitiert somit von der Erneuerung.

Es sind sogar Konstellationen denkbar, in denen die Allgemeinheit, beispielsweise durch Busspuren oder Haltestellen, einen wesentlich größeren Vorteil erlangt. Wie in einem solchen Fall die Frage des Sondervorteils zu beantworten ist, wurde bislang nicht geklärt.

Das Thema „Straßenbeiträge“ bleibt spannend.

 



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